Ahmad Ibn `Ajiba:
Unsere Stützen auf dem Weg des Sufismus bis zum Propheten ﷺ

Wisse - und möge Gott dich führen auf den Weg der Verwirklichung [der Einsicht und der Erkenntnis] und dich und uns auf den Weg des Erfolges! - daß es nicht möglich ist, den sufischen Weg (tasawwuf) zu beschreiten, besonders wenn man nach Enthüllung (kashf) [der himmlischen Wahrheiten] und Verwirklichung [seines geistigen Potentials] strebt, [dies alles ist nicht möglich,] ohne andauerndes und vollständiges Gehorsam und Demutshaltung gegenüber einem 'wahren' Schaykh (muhaqqiq), einem geistigen Führer (murshid), der die esoterische Wahrheit (haqīqa) und das exoterische Gesetz (sharī`a) vereint. Denn der geistige Weg ist gefährlich und die kleinste Abweichung vom abgesteckten Wege führt dazu, das Ziel bei Abstand zu verfehlen.

Abū l-Hasan al-Shushtarī 1 drückte es so aus:
"Er (dh. der Anwärter) kommt nicht damit umhin, seine Angelegenheit in die Hände eines anderen zu legen, jemand der ihm befehlen wird [Gutes zu tun], und verbieten [was schlecht ist] und der über ihn wacht. Denn der Weg ist gefährlich: die Wegbeschreiter sind rar, und viele sind es, die den Weg abkürzen [wollen].
Oft kommt es vor, daß einer glaubt, er befände sich in der Mitte des Weges, während er in Wirklichkeit seinem Ziel bereits den Rücken zugewendet hat. Manchmal hat es ausgereicht, daß er um eine Fingersbreite (von seinem Ziel) abwich und schon war er weg vom Pfad und verloren.
Wahrlich, der Weg ist schmal, [insbesondere] für jenen dessen Seele, wenn sie ihren eingefahrenen Gewohnheiten folgen will, wünscht, frei über ihren Körper (badan) zu verfügen, den sie einst verlassen muß. Der Teufel dieses Weges weiß genau bescheid über die Wegstationen (Anhalte) und Rastplätze (Stufen)."

Von Abū Yazīd wird berichtet, er habe folgendes gesagt:
"Wer keinen Meister hat, der hat den selbigen Satan als seinen Meister."

Al-Daqqāq 2 sagte: "Der Baum, der für sich selbst wächst, ohne gepfanzt worden zu sein, wächst - wird aber keine Früchte tragen. Sollte er dennoch Früchte tragen, werden seine Früchte anders sein als die Früchte eines gepfanzten Baumes."

Abū `Amr al-Zajjājī 3 sagte: Nichts ist zu erwarten von jenem, der keinen Lehrmeister hat, sollte er auch Visionen der unsichtbaren Welten haben.

Shaykh Abū l-`Abbās al-Mursī 4 sagte:
"Wer sich auf diesem Pfad (des Sufismus - tasawwuf) keinem Schaykh angeschlossen hat, wird nicht einmal seinen Nachbarn glücklich machen können. Wäre er auch mit grosser Intelligenz und einer untergebenen Seele begabt, wird er, wenn er mit dem, was ihm sein Meister der Ausbildung (shayh al-ta`līm) lehrt zufrieden ist, doch nicht den Grad der Vollkommenheit dessen erreichen, der sich in die Hände eines Meisters der Erziehung (shayh al-murabbī) begibt.

Die Seele ist immer mit dicken Schleiern bedeckt, stark geneigt [Gott illusorische Wirklichkeiten] beizugesellen, und ist unvermeidlich mit den Flecken der Nichtigkeit (ru`ūnāt) behaftet. Dieser Zustand hört nicht auf, bevor man sich nicht in die Hände eines Dritten begibt, und sich unter die persönliche Authorität und Macht dieser Person stellt. So verhält es sich auch mit jenen, für welche Gott Seine besonderen Gnaden bereitgestellt hat, jene die Er erwählt hat und zu Seiner Gegenwart gebracht hat: Jene werden nicht die Funktion des geistigen Führers erlangen (mashyaha), trotz ihrer Fortschritte [auf dem Wege]."
...

Notizen:

1 Abū l-Hasan al-Shushtarī , ein andalusischer Wegbeschreiter und Dichter

2 Abū 'Alī al-Daqqāq, d. 412 /1021, war al-Qushayris Sufi Meister, sowie sein Schwiegervater

3 Abū `Amr al-Zajjājī, Ein Sufi aus Nishapour, in Baghdad war er ein Schüler des Junayd und verbrachte einige Jahre in Mecka, wo er im Jahre 348 / 959-960 starb.

4 Schaykh Abū l-`Abbās al-Mursī, Nachfolger des Imam Shādhilī, d. 694/1296 in Alexandria. Einer seiner Schüler war Ibn `Atā' Allāh.

 

Zitiert aus:

The Autobiography of a Moroccan Soufi:
Ahmad Ibn `Ajiba; ed. Jean-Louis Michon;
Fons Vitae
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from: Sat, Oct 09, 2004
upd.: Sun, 16 Sep 2007


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